Lieber Luther,
die Fastenzeit hat begonnen. Das scheint die Phantasie der Menschen in Gang gesetzt zu haben. Fastenvorhaben konzentrieren sich auf Süßigkeiten, Alkohol, Fernsehen, Internet, Smartphone, Müll, Auto, usw.
Lauter Konsumartikel. Willentlicher Verzicht auf Verzichtbares. Ist das mit vorösterlichem Fasten gemeint?
Die Antwort finden wir in Matth.4, 1 ff.: Jesus wird vom Geist in die Wüste geführt. Er hat eine Bewährungsprobe zu bestehen. 40 Tage und 40 Nächte fastet er. Nun „hungert ihn“.
Daraufhin wird Jesus dreimal versucht:
Der erste Angriff gilt dem Ego: Wenn du Gottes Sohn bist, dann kannst du auch Steine zu Brot machen, auf dass es deinen Hunger stille. Jesus hat aber auf etwas ganz anderes Hunger: Auf das Wort Gottes, durch das der Mensch erst wirklich lebt.
Der zweite Angriff gilt dem Glauben in das Wort: Du kannst dich getrost in die Tiefe stürzen, denn es steht ja geschrieben, Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich auf Händen tragen werden (Psalm 91, 12). Jesus kontert: Es steht auch geschrieben, du sollt Gott, deinen Herrn, nicht versuchen.
Der dritte Angriff gilt der Habgier und Käuflichkeit: Ich gebe dir allen Reichtum und weltliche Macht, wenn du vor mir in die Knie gehst und mich anbetest. Jesus bleibt standhaft: Es steht geschrieben, du sollst Gott, deinen Herrn, anbeten und ihm dienen.
Dreimal ist Jesus der Versuchung ausgesetzt und dreimal beruft er sich auf Gottes Wort. Das ist es wonach Jesus hungert.
Wieso konnte er widerstehen? Jesus ist bereits von Johannes getauft, er hat aber seine Lehrtätigkeit noch nicht aufgenommen. Er ist sozusagen noch ein nicht herausragender Mensch. Dann schickt ihn der Geist, der in der Taufe auf ihn gekommen ist, in die Wüste, um ihm seine geistig seelische Rüstung anzulegen.
40 Tage dauert es, bis Jesus den verzichtbaren menschlichen Ballast über Bord geworfen hat, bis er seine Seele geklärt hat und nun für die göttliche Mission bereit ist. Jetzt hungert er danach, für Gottes Wort einzustehen und es zu verbreiten. Er ist zum erwachsenen, nicht mehr anfechtbaren Gottessohn geworden, zum Messias.
Das ist mit vorösterlichem Fasten gemeint. Die Reinigung unserer Seele von menschlich oberflächlichen Anfechtungen: vom Ego, von falschen Göttern, von Konsum, Habgier und Machtstreben. Das ist eine ganz andere Ebene als das oberflächliche Fasten, das wir betreiben. Das wiegt nur das Gewissen in den Schlaf, bringt unsere Seele aber nicht einen Schritt weiter. Mensch, da bist du wieder mal auf der ganz falschen Spur.
Bei Johannes wird am Anfang von Jesu Wirken mit der Erzählung von der
Hochzeit von Kanaan bereits der Bogen zu seinem Ende geknüpft. Ähnlich ist das hier bei Matthäus, auch vor Beginn seines Wirkens: Dreimal wird Jesus versucht, drei Mal widersteht er, unverbrüchlich im Wort Gottes verankert. Dreimal ist Petrus gefragt worden, ob er Jesus kenne, dreimal hat er verneint. Dreimal hat er Jesus verleugnet, dreimal hat er nicht darauf gehört, was geschrieben steht.
Petrus konnte dem Versucher nicht widerstehen, wir können ihm nicht widerstehen, was immer wir uns als Fastenübung ausdenken. Wir werden immer scheitern. Das ist der Unterschied zwischen dem Menschensohn und den Söhnen und Töchtern der Menschen. Fasten wie Jesus bleibt bei uns immer nur ein annähernder Versuch.
Trotzdem, lieber Luther, lassen wir uns davon nicht entmutigen. Wir tun, was uns gegeben ist. Ich gehe mal davon aus, dass Du es auch mit dem innerlichen Fasten versuchst und nicht mit dem oberflächlichen. Der Verzicht auf das ein oder andere Fastenbier würde allerdings auch Deiner Linie nicht schaden.
Herzliche Grüße
Deborrah
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