Jesu Erbe

Das Los ist mir gefallen auf liebliches Land; mir ist ein schönes Erbteil geworden. 
Psalm 16,6
Der Herr ist mein Gut,
Der Herr ist mein Gott.
Der Herr ist mein liebliches Land.
Er gibt mir seinen Teil und
erhält mich in seinem Teil,
so dass ich sein Erbteil werde,
das ich weitergebe an die,
die nach mir kommen,
bis ans Ende aller Tage,
wenn sein Erbteil
wieder an ihn zurückfällt.
Gut, dass das in der Karwoche nochmal bekräftigt wird.

Vom Dienen

Lieber Luther,

gestern hieß es als Schlusswort in der Predigt, man müsse sich nur gefallen lassen, dass Gott uns bediene, dann würden die Dinge gut. Wie in der Gastwirtschaft. Ich bestelle und Gott tut mir Gutes. Ist Glaube Konsum göttlicher Wohltaten? Ist Glaube ein bloßes Lassen, ein pures sich Gott überlassen? Oder ist da etwas mehr von Gottes Volk gefordert?

Da scheinen unterschiedliche Geisteshaltungen aufeinanderzutreffen. Welcher ich zuneige, ist dir, lieber Luther, bekannt. Ich mache keinen Hehl daraus. Da bin ich ganz calvinistisch-protestantisch. Jedoch mag ich es mir nicht so leicht machen und doch nochmals in die Bibel schauen, was ich da begreife. Oft sind die Dinge ja nicht einfach schwarz und weiß.

Für das Alte Testament lässt sich die Frage leicht beantworten. Alle Propheten und hervorgehobenen Gottesmänner und -frauen haben sich als Knechte und Diener Gottes gesehen. Alle haben einen göttlichen Auftrag vernommen, den sie unter allerlei Widrigkeiten versucht haben umzusetzen. Alle haben gehadert und gelitten, bis hin zur Verzweiflung, zur Erschöpfung, zur Lebensmüdigkeit. Gott hat sie aber nicht aus ihrem Auftrag entlassen, bis er erfüllt war. Sie waren Knechte, die folgsam ihren Dienst im Auftrag Gottes erfüllt haben. Bequem hatte es keiner, jeder ist gestrauchelt. Alle waren bis zum Ende Diener Gottes, im Dienste Gottes, wie fehlbar sie auch waren, wie viel Selbstzweifel sie auch plagten, wie müde und überfordert sie sich auch fühlten. Das können wir von ihnen lernen.

Das Leben dieser Gottesdiener und –dienerinnen war alles andere als nur „zulassen, dass Gott wirkt.“ Was heißt das jeden Tag, wenn das Volk Hunger hat, ein Gemetzel bevorsteht, die Loyalität wankt? Sie mussten Entscheidungen treffen – manchmal auch falsche, sie mussten handeln, sie mussten sich der jeweiligen Lebenswirklichkeit stellen. Glaube war und ist nicht abgekoppelt von den Fährnissen des alltäglichen Lebens. Der Mensch ist gefordert, es kommt seltenst ein Deus ex Machina, der die Situation per Fernlösung rettet. Glaube ist keine Schönwetterveranstaltung, in der sich immer alle lieb haben. Auch bei Gottes Heiligen nicht. Auch das können wir von ihnen lernen.

Mensch ist nicht Gottes Marionette. Auch wenn Gott mit einem ist, ist es der Mensch, der die Verantwortung trägt, der für sein Tun verantwortlich ist, der hört und übertönt, der handelt und unterlässt, der liebt und verletzt. Je weniger er Gottes Wort hört und je weniger er versteht, was Gott will, desto mehr irrt er, geht er am Willen Gottes vorbei.

Diese Eigenverantwortlichkeit des Menschen hat auch Jesus nicht von den Menschen genommen. Im Gegenteil, er ist gestorben, weil Mensch in dem, was er selbstverantwortlich tut, irrt und vom rechten Weg abweicht. Weil Mensch eben Mensch ist und nicht Christus.

Aber Jesus hat auch den Dienst eingefordert: „Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.“ (Joh 12,26). Auch die Hierarchie hat er klargestellt: „Ihr heißt mich Meister und Herr und saget recht daran, denn ich bin es auch. So nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt ihr auch euch untereinander die Füße waschen. …Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer denn sein Herr, noch der Apostel größer denn der ihn gesandt hat“ (Joh 13,13ff). Das ist eindeutig, weder Gott noch Christus ist unser Diener, das sollten wir uns hinter die Ohren schreiben.

Und immer wieder die Botschaft: Haltet meine Gebote und erfüllt euren Auftrag: „Gleichwie du mich gesandt hast in die Welt, so sende ich sie auch in die Welt“ (Joh 17, 18). Und er hat vorhergesagt, dass seine Diener schwer an und in der Welt leiden werden, auch die Männer und Frauen des Neuen Testaments, nicht nur diejenigen des alten. Auch das sollten wir hören.

Jesus hat den Jüngern die Füße gewaschen, weil er ihnen ein Beispiel vom Dienen und von Demut geben wollte. Seht her, ich bin mir dafür nicht zu schade. Er hat ihnen das ins Stammbuch geschrieben als Beispiel für den Dienst am Nächsten, den er von ihnen erwartete. Das sollten wir beherzigen.

Jesus war, wie die Propheten des Alten Testaments, im Dienste Gottes unterwegs, aber sicher nicht, um die Menschen zu bedienen, sondern sie zu lehren, Gottes Wort und Gebot zu halten. Es lag ihm absolut fern, menschliche Bequemlichkeiten zu bedienen, er hat es den Menschen in seiner Umgebung zu keiner Zeit leicht gemacht. Er war streng und nahm es mit dem Wort genau. Jesus war ein Diener Gottes und des Wortes, aber keiner, der sich von Menschen in Dienst stellen und instrumentalisieren ließ. Das sollten wir nicht verwechseln.

Lieber Luther, Altes und Neues Testament sind in dieser Botschaft vom Dienst und der Dienerschaft des Gottesmenschen meines Erachtens deckungsgleich. Gott liebt mich, aber er bedient mich nicht, er ist der HERR und ich sein Knecht. Ich denke, lieber Luther, davon kannst auch du ein Lied singen.

Herzliche Grüße
Deborrah

Schuld

Lieber Luther,
je näher wir Ostern und dem Verrat an Jesus kommen, desto mehr sind Absetzbewegungen zu spüren: Ja nichts mit Jesu Tod zu tun haben, ja nicht schuldig sein, das sind immer die anderen. Es gibt ein paar Kandidaten, die sich anbieten.
Zum Beispiel Kaiphas: „Ihr wisset nichts; bedenket auch nichts; es ist uns besser, ein Mensch sterbe für das Volk, denn dass das ganze Volk verderbe“ (Joh 11, 49f). Da lässt sich der Schuldige leicht finden.
Oder waren es Judas oder Pilatus?
Oder doch die Wunder, die Jesus vollbrachte?
Oder das gespannte Verhältnis von Jesus zu Pharisäern und Schriftgelehrten?
Oder haben die Entscheidungsträger nur verantwortlich gehandelt, weil sonst die Römer für Ruhe und Ordnung nach ihren Vorstellungen gesorgt hätten?
Oder wurden die Römer nur vorgeschoben, um eigene Motive zu verdecken?
Viele „Oder“, viele Möglichkeiten, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Es ist bequem Erklärungsmuster im historischen Kontext zu suchen. Aber ist das auch so gemeint?
Kaiphas sagte, was er sagte, in seiner Funktion als Hoherpriester, weissagte, denn „Jesus sollte sterben für das Volk“. Diese Verheißung zieht sich genauso durch das Alte Testament wie die Ankündigung von Jesu Geburt. Nur können wir mit dem Tod schlechter umgehen. Das sehen wir nicht als Grund zur Freude an, feiern tun wir lieber bei Jesu Geburt.
Jesu Tod hat was mit Schuld zu tun, auch mit unserer Schuld. Darüber sollten wir uns Gedanken machen, weniger um die historischen Begebenheiten. Jesus wusste, dass er durch Menschenhand und Menschenschuld sterben wird. Er ist deshalb geboren und gestorben, um unserer Schuld willen, die wir auf uns laden.
Am Tod Jesu hatte im Prinzip niemand „Schuld“. Es war von Gott so vorherbestimmt. Das war auch denjenigen, die eine Rolle dabei spielten, vorherbestimmt. Die Schrift, das Wort, musste erfüllt werden. Der Menschenanteil hierbei wird überschätzt.
Unterschätzt wird dagegen die jeweilige persönliche Schuld eines jeden aus Gottes Volk. „Er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volkes geplagt war“ heißt es bei Jesaja. Er ist geboren und gestorben, um unsere Sünden vor Gott zu tragen und um unsere Verzeihung zu erlangen. Jeder, der sich zum Volk Gottes rechnet, darf sich da angesprochen fühlen und ist da angesprochen. Auch diejenigen, die zerstreut sind, die Gott aus dem Blick verloren haben, die er aber trotzdem fest im Blick hat.
Lieber Luther, wir glauben gern, dass Jesus uns von Gott geschenkt ist, wir glauben auch gern, dass er gestorben ist, um uns zu erlösen, unseren Anteil daran, ignorieren wir gern. Das ist eine Botschaft, die nicht gern gehört wird, treibt vielleicht die Menschen aus der Kirche. Das kann man sich bei den schon lichten Reihen kaum erlauben. Deshalb lieber positive Botschaften senden, Gott und Jesus die Arbeitspakete zuschieben und uns selber auf das Bitten um Vergebung der Sünden beschränken. Reicht das aus? Nein.
Gott verlangt eine Umkehr, er verlangt einen willentlichen Akt der Reue, keine oberflächlichen Lippenbekenntnisse, sondern ein inneres Schuldeingeständnis, vor sich selbst und vor ihm:
Auch mein Schuldpaket hat Jesus gen Golgatha geschleppt,
auch ich habe einen Nagel durch seine Handfläche getrieben,
auch ich habe ihn und sein Wort mehr als einmal verraten.
Lieber Luther, es fange jeder bei sich selbst an nach seiner Schuld zu suchen. Du bist nicht müde geworden, darüber zu predigen und das den Menschen verständlich zu machen. Heute regiert überwiegend der Wellness-Gott. Auch deine Kirche ist davon nicht verschont. Jesus hat eine Dornenkrone getragen, er hat gelitten.
Wie weit sind wir heute bereit, für und unter seinem Wort zu leiden, damit wir nach seinem Wort leben, um die ewige Verzeihung zu erlangen?
Sehr betroffen grüßt Dich
Deborrah

Die Last mit der Last

Er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. 
Jesaja 53,8
Er ist aus dem Land der Lebendigen weggerissen,
damit die, die zu meinem Volk zählen,
zurück in mein Land kommen können.
Nur er vermag die große Last
ihrer vielen Missetaten vor mich zu tragen,
damit ich sie von ihnen wegnehmen kann.
Darum bitten wir durch Christus Jesus.
Darum danken wir durch Christus Jesus.
Darum setzen wir unsere Hoffnung in ihn.

Passionszeit

Lieber Luther,
nur ein kurzer Zwischenruf. Mir fällt auf, dass es für mich nicht verständlich ist, wieso wir in der Zeit vor Ostern fasten. Das ist nicht eingängig.
Wenn ich auf Jesu Wirken in der Vorosterzeit bis zu seinem letzten Atemzug blicke, dann ist das beileibe keine karge Zeit, ganz im Gegenteil.
Sie ist voll des Wortes, der Botschaft und der Zeichen, eine pralle Zeit. Jesus hat versucht, alles, was er von seinem Vater verstanden hat, weiterzuvermitteln, seine Jüngerschar auf eine Zeit nach seinem Erdendasein vorzubereiten.
Diese Fülle strahlt bis zum heutigen Tag aus. Deshalb sind wir in der Vorosterzeit so bewegt, fühlen uns so angesprochen, so aufgewühlt, so betroffen. Das ist keine Zeit des Verzichts oder gar Fastens oder Leidens, wie das Wort „Passionszeit“ vorgibt. „Passion“ erinnert mehr an die Leidenschaft, mit der Jesus versucht hat, das Wort zu vermitteln und den Glauben an den Gottessohn wachsen und sich festigen zu lassen. Es ist eine Zeit des Aufnehmens, des gierigen Essens und Trinkens im gestern diskutierten Sinne, des Auseinandersetzens, des üppigen Wort- und Geist Einfließen-Lassens, der Klärung. Die Speisung der 5000 Menschen betrifft uns, spricht uns an, ist eine Aufforderung an uns mit Jesus das Lebensbrot zu essen, eben nicht zu fasten. Gerade jetzt, in der Vorosterzeit.
Fastenzeit ist von Jesu Tod bis zu seiner Auferstehung oder auch von seiner Auferstehung bis Himmelfahrt. Oder vor Weihnachten. Das sind karge Zeiten, Zeiten des Wartens, der Leere und des Vakuums. Aber nicht die Vorosterzeit. Das geht an dem vorbei, was Jesus in dieser Zeit tat und im Sinn hatte.
Lieber Luther, du magst mir jetzt vielleicht widersprechen wollen. Aber ich halte es mit dir und nehme einfach die Bibel als Referenz, nicht kirchliche Setzungen. Ist das eigentlich noch niemand aufgefallen, dass wir hier wieder einmal völlig schief liegen? Eigentlich müssten wir nicht an Weihnachten feiern, sondern in der Vorosterzeit, wir müssten die Wortgeschenke feiern, die Jesus uns in der Zeit schenkt.
Die Passionszeit bekommt in der Betrachtungsweise eine ganz andere Botschaft, nicht Leidenszeit, sondern leidenschaftliche Zeit, leidenschaftliche Glaubenszeit. Das hallt, klingt und singt in mir.
Herzliche Grüße
Deborrah

Abendlied

Heute ist mir ein Kirchenlied begegnet, das ich mein ganzes Leben lang kenne. Es ist in meiner Erinnerung das erste Lied, das ich gelernt habe. Mein Großvater hat es abends immer mit mir gesungen.

Der 1.Vers geht so:

Jesu geh voran,
auf der Lebensbahn,
wollen wir auch noch verweilen,
dir getreulich nachzueilen,
führ uns an der Hand,
bis ins Vaterland.

Jahrzehnte später fallen mir folgende weitere Verse dazu ein:

Wollen wir nicht weiter gehen,
weil wir deinen Weg nicht sehen,
wenn es uns an Mut gebricht,
leuchte du mit deinem Licht,
so dass wir in deinem Schein,
uns von aller Angst befrein.

Wollen wir in schweren Tagen
Unser Kreuz nur ungern tragen,
weise uns den Weg,
auf dem es heimwärts geht.
Kommen wir im Bußgewand
reichst du gnädig uns die Hand.

Guter Gott ich bitte dich,
lass mich heute nicht im Stich,
Sei bei mir mit deinem Segen,
begleite mich auf meinen Wegen.
Schenke mir genug Verstand,
dass ich nicht im Glauben wank.

Pharisäer und Schriftgelehrte

Lieber Luther,

Ich befürchte, mit meinem Brief heute setze ich mich bei Dir in die Nesseln. Aber Du kennst das ja von mir, was raus muss, muss raus.

Die Tageslosung von heute heißt:

Zu einem Volk, das meinen Namen nicht anrief, sagte ich: Hier bin ich, hier bin ich! (Jes 65,1)

Jesus geht zu den Heiden. Er ist bei denjenigen, bei denen es nicht offensichtlich ist, dass sie glauben, bei denen es man auf den ersten Blick nicht erwartet. Sein Verhältnis zum Kirchenestablishment, zu denen, von denen man per se annimmt, dass sie diejenigen sind, die Gottes Wort am ehesten verstehen und autorisiert sind, es auszulegen und zu verbreiten, war mehr als gespalten.

Im sechsfachen Weheruf gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten (Lk 11, 37-54) schleudert er ihnen entgegen:

Ihr Pharisäer haltet die Becher und Schüsseln auswendig reinlich, aber euer Inwendiges ist voll Raubes und Bosheit. Ihr Narren, meint ihr, dass es inwendig rein sei, wenn’s auswendig rein ist? Doch gebt Almosen von dem, was da ist, siehe, so ist’s euch alles rein.

Weh euch Pharisäern, dass ihr verzehnfacht die Minze und Raute und allerlei Kohl, und geht vorbei an dem Gericht und an der Liebe Gottes! Dies sollte man tun und jenes nicht lassen.
Weh euch Pharisäern, dass ihr gerne obenan sitzt in den Schulen und wollt gegrüßt sein auf dem Markt.
Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, dass ihr seid wie die verdeckten Totengräber, darüber die Leute laufen, und kennen sie nicht!
Weh euch Schriftgelehrten! denn ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten, und ihr rührt sie nicht mit einem Finger an.
Weh euch! denn ihr baut der Propheten Gräber; eure Väter aber haben sie getötet. So bezeugt ihr und willigt in eurer Väter Werke; denn sie töteten sie, so baut ihr ihre Gräber.
Weh euch Schriftgelehrten! denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr kommt nicht hinein und wehret denen, die hinein wollen.

Als er das zu ihnen sagte, fingen die Schriftgelehrten und Pharisäer an, ihn hart zu bedrängen und ihm mit mancherlei Fragen zuzusetzen, und lauerten ihm auf und suchten, ob sie etwas aus seinem Munde erjagen könnten, das sie gegen ihn verwenden konnten.

Ja, das ist Jesus, der so spricht. Welch ein Abrechnung mit der herrschenden Klasse der Kirchenmänner. Das konnten sie nicht auf sich sitzen lassen. Das war das wahre Todesurteil für Jesus. Die anderen Beteiligten waren Randfiguren in dem Spiel, das gespielt wurde.

Zusammengefasst:
Wehe, die ihr Dienst tut in meinem Namen
ohne wahre Nächstenliebe,
von persönlicher Bequemlichkeit, Eitelkeit und Sucht nach Anerkennung getrieben und
die Unbequemen ausgrenzt und in der Versenkung verschwinden lasst,
die ihr Totengräber der wahren Kirche und des Glaubens seid.

Lieber Luther, ich glaube, das kommt Dir bekannt vor, auch wenn Du einer von Ihnen bist, die hier gemeint sind. Mir kommt das auch bekannt vor. Das macht die Testamente aus: Sie sind immer aktuell.

Jesus hat sich scharf von der theologischen Kaste abgegrenzt und Menschen außerhalb des theologisch-kirchlichen Establishments gefischt, „Heiden“. Er hat seine Kirche außerhalb jeglicher Organisation und jenseits von Gesetz und herrschender Ordnung gelebt. Er war ein unbequemer Querdenker, der die theologischen Rollenträger herausforderte und provozierte.

Ist er uns darin ein Vorbild mit vielerlei Konsequenzen, wenn man es ernst nimmt? Was heißt das für das, was man im kirchlichen Sprachgebrauch Sakramente nennt? Braucht es dazu organisierte Kirche, theologische Rollenträger? Was unterscheidet sie im Glauben vor Gott von mir? Vor Gott sind wir doch alle gleich nackt.

Das ist nicht einfach zu beantworten. Darüber, lieber Luther, und die Konsequenzen, muss ich – wahrscheinlich noch lange – nachdenken.

Herzliche Grüße
Deborrah

Wie ein Senfkorn

Gott hatte ihnen große Freude bereitet; auch die Frauen und Kinder freuten sich, und man vernahm den Jubel Jerusalems weithin.
Nehemia 12,43
Alles Volk freute sich über alle herrlichen Taten, die durch Jesus geschahen.
Lukas 13,17
Wem ist das Reich Gottes gleich,
und wem soll ich es vergleichen?
Es ist gleich einem Senfkorn,
welches ein Mensch nahm und in seinen Garten warf;
und es wuchs und wurde zu einem großen Baume,
und die Vögel des Himmels ließen sich nieder in seinen Zweigen.
Und Jesus nahm das Wort,
brachte es unter die Menschen,
und es breitete sich aus und wuchs zum neuen Testament.
Die Menschen aber, die Zugang zum Wort haben,
ruhen in ihm.

Hochzeit von Kanaan

Lieber Luther,

manche Dinge gehen mir zu langsam, manche zu schnell. Heute ist schon der letzte Sonntag nach Epiphanias. So weit bin ich noch lange nicht. Ich bin gerade mal bei der Hochzeit von Kana angelangt. Das ist ja eine wichtige Bibelstelle, das erste „Wunder“.

Beim Kirchgang heute ist mir hierzu ein Licht aufgegangen, Weiterlesen „Hochzeit von Kanaan“

Jesus öffnet den Jüngern das Verständnis

Jesus öffnete den Jüngern das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden.
Lukas 24,45

Wenn man den Vers im Zusammenhang liest, ist es eine Zusammenfassung der Geschichte Jesu mit seinen Jüngern und folglich mit uns.

Er erscheint, sie glauben es nicht. Er greift zu einer bildlichen Maßnahme, um ihnen verständlich zu machen, was vorgeht: Weiterlesen „Jesus öffnet den Jüngern das Verständnis“

Zwischenruf

Der Lehrtext zur Tageslosung heute lautet:

Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
(Jakobus 1,22)

Der Tag birgt noch Möglichkeiten.
Wenn jeder eine ergreift, ist schon viel getan.

Täter des Wortes

Treue

In fester Treue stehe ich zu dir,
wenn auch nach außen
alles an mir wankt,
wenn auch nach innen
alles in mir schwankt.

In fester Treue stehe ich zu dir,
weiß ich doch
um dein unergründlich Wesen,
weiß ich doch
um dein unerbittlich Weben,
weiß ich doch
von dir.

In fester Treue stehe ich zu dir,
dann stehst
in fester Treue
du zu mir.
Mag meine Welt auch noch so beben,
mag meine Welt auch untergehen.

Treue

Schweigen

Warten auf Antwort –
Nichts als Schweigen.

Menschliche Sprachlosigkeit.
Göttliches Schweigen.

Schweigend leidest du in der Hölle.
Schweigend bist du im Karsamstag.

Warten auf Morgen.
Warten auf Erlösung,

Hoffen auf Morgen,
Hoffen auf Ostern.

Karsamstag
Karsamstag

Plädoyer für Martha

Darf oder muss der Mensch sich Sorgen machen um seinen Nächsten? Oder lässt er alles fahren? Gott sorgt ja für einen? Er wird schon den Strick, an dem der andere mit schon blau angelaufener Zunge hängt, durchschneiden. Hauptsache ich sorge für mich. Martha oder Maria?

Martha würde sofort zur Hilfe eilen.
Dennoch hat sie schlechte Karten.
Sie wird abgekanzelt.
Sie ist die Geringere.
Sie ist zu irden.
Sie steht zu sehr mit beiden Beinen im Leben.
Sie ist keine Tagträumerin.
Sie nimmt die Verantwortung für den Nächsten.
Sie reagiert weiblich mütterlich.
Sie handelt reif.

Aber:
Sie schneidet im allgemein (männlichen) Urteil in ihrem Handeln für den Nächsten schlecht ab.
Maria hat den „guten Teil“.
Sie himmelt an,
ist Frauen-Seelchen –
im wahrsten Sinne des Wortes.

Das schmeichelt.
Das tut Männerseelen gut.
Den historischen wie den heutigen.

Ohne Martha könnte die Männerschar sehen, wo sie die Nacht über bleibt. Die hungrigen Mägen würden hungrig bleiben. Würde Manna vom Himmel fallen? Was tun, wenn kein Manna vom Himmel fällt? Nur vom Anhimmeln leben? Wunder passieren nicht jeden Tag.

Das wird hart, Ihr Männer.

Martha, Martha, nimm es gelassen. Sie haben es nicht verstanden:

„eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt“.

Heißt: Eins-Sein tut Not, jungfräuliche Seele bewahren und reife Frucht bringen. Maria ist der eine Teil, Martha der andere. Nur zusammen sind sie eins. Für die Seele zu sorgen, ist ein Teil. Die Seele im göttlichen Grund ist per se das „Gute“. Aber

ohne irdenes Gefäß,
ohne fruchtbringendes Handeln,
ohne weibliches Gebären im Körperlichen,
ohne Tun für den Nächsten,

verhungert die Seele, bliebe sie allein, unvollendet. Weil dies so ist, hat Gott die Welt geschaffen. Ohne diesen anderen Teil würde das Ganze seinen immanenten Sinn verfehlen, wäre es nicht eins. Aber es ist der fleischlich, irdene Teil, der nicht göttliche, der sündhafte, der der fehlen kann. Deshalb hat Maria das gute Teil gewählt.

Martha steht für die reife Frau. Sie nimmt nicht alles hin, sie hinterfragt. Sie sagt nicht, obwohl sie das Kraft ihrer Stellung könnte, „Maria, geh in die Küche“, sie lässt Maria gewähren. Sie fordert Jesus heraus, indem sie provozierend fragt. „Willst du nicht …“. Die vordergründige Antwort hat sie sicher schon vorher gewusst, und trotzdem hat sie ihn gefragt, weil sie die Begründung gereizt hat. Und sie versteht sie. Da gibt es nichts zu widersprechen.

Martha ist es, die nach Lazarus Tod Jesus entgegeneilt. Sie weiß was zu tun ist. Sie weiß, wer helfen kann. Daraus entwickelt sich der faszinierendste Dialog, den Jesus in der Bibel mit einer Frau führt.

Da sprach Martha zu Jesus: Herr, wärest du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben! Aber auch jetzt weiß ich, was immer du von Gott erbitten wirst, das wird Gott dir geben. Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder soll auferstehen! Martha spricht zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird in der Auferstehung am letzten Tage. Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll. (Joh 11, 22-28)

Martha glaubt ohne Wenn und Aber. Das, was Maria noch lernen musste, war für Martha längst ein „Wissen“. Sie sieht Jesus bereits als den Christus, felsenfest, ohne Zögern, ohne Wanken, reif. Sie ist darin das weibliche Pendant zu Petrus, sie ist Petrusin. Weit herausragend, tief verkannt.

Nein Martha, lass die nicht irritieren, schneide den Strick um den Hals deines Nächsten durch, lass ihn nicht ersticken.

Täter des Wortes
Täter des Wortes

„Ich weiß … „