Ruth ruht

(Rainer Maria Rilke, in: Das Buch von der Pilgerschaft; nach Rut 1-4)
Und meine Seele ist ein Weib vor dir.
Und ist wie der Naemi Schnur, wie Ruth.
Sie geht bei Tag um deiner Garben Hauf
wie eine Magd, die tiefe Dienste tut.
Aber am Abend steigt sie in die Flut
und badet sich und kleidet sich sehr gut
und kommt zu dir, wenn alles um dich ruht,
und kommt und deckt zu deinen Füßen auf.
Und fragst du sie um Mitternacht, sie sagt
mit tiefer Einfalt: Ich bin Ruth, die Magd.
Spann deine Flügel über deine Magd.
Du bist der Erbe …
Und meine Seele schläft dann bis es tagt
Bei deinen Füßen, warm von deinem Blut.
Und ist ein Weib vor dir. Und ist wie Ruth.
Grenzüberschreitungen. Erinnert mich irgendwie an die Osternacht.

Ruth ruht

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..