Nach langer Zeit schreibe ich wieder einmal einen Pilgerbericht, um von meiner Pilgerschaft zu berichten. Er handelt von meiner Reise vom Karsamstag in den Ostersonntag. Abseits aller eingefahrenen Rituale, Liturgien und Gewohnheiten. Ein bisschen habe ich mich gefürchtet, mit Recht. Im Karsamstag ist Anfechtung. Aber dann ist Christus auferstanden.
Wenn Türen, durch die man sonst geht, verschlossen sind, sucht man neue Wege und man erkennt staunend, dass sie neue Tore öffnen . Die Tür zum Ostergottesdienst war mir verschlossen, also, was tun?
Ich habe mich in meiner Not dorthin geflüchtet, wo ich mich am sichersten fühle, in die Kirche. Im Gepäck Bibel und Benediktinisches Antiphonale, Vesper. Doch im Karsamstag ist Anfechtung. Im Kopf spuckt es, Geister, die man gezähmt glaubte, stehen neu auf. Karsamstag ist der Tag der Anfechtung, der Tag, an dem Gott im Verborgenen wirkt, nicht offensichtlich.
Stunde um Stunde vergeht. Ich kann mich nicht trennen, als warte ich auf etwas, unruhig, keinen Frieden findend. Um Mitternacht bin ich plötzlich hellwach, eine Aufregung ergreift mich, ohne genau zu wissen, woher sie kommt. Das Verlangen nach Stille verlangt auch Stille von außen. Ich bin froh, als die Welt außerhalb meiner Oase endlich zur Ruhe kommt. Ich will die Stille hören, aber es will nicht still in mir werden.
Den ganzen Abend habe ich Durst, aber nichts zu trinken dabei. Ich wusste nicht, dass ich solange bleiben werde. Jesus hat am Kreuz auch gedürstet. Es hat ihn nach uns gedürstet, nach unserem Glauben. Anstatt süßen Wein kredenzen wir ihm sauren Essig. Mir kommt die Samariterin in den Sinn, die zum Jakobsbrunnen geht, um Wasser zu schöpfen. Dort begegnet sie Jesus: „Gib mir zu trinken“ , fordert er sie auf (Joh 4,7). Sie gibt ihm das Wasser des Glaubens, er ihr lebendiges Wasser, das ewig den Durst stillt.
Die wahrhaftigen Anbeter werden den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit. erklärt ihr Jesus weiter. Sie sagt: Ich weiß, dass der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn derselbe kommen wird, so wird er uns alles verkünden. Jesus sagt: Ich bin’s, der mit dir redet. (Joh 4,19-26). Wer Ohren hat, der höre. Jetzt, in diesem Augenblick, so höre doch, meine Seele, und werde still.
Mit der äußeren Stille kommt langsam auch innere Stille in mich. Lange hat es gedauert. Jesus hat gesagt, werdet wie die Kinder, lernt an ihrer Einfalt. Einfalt heißt, nicht nachdenken, einfach geschehen lassen, keine Bilder, keine Worte, nicht nach hinten schauen und nicht nach vorne, nichts. So sitze ich und versuche mich in Einfalt, halte mich ihm hin, wirke du Gott an mir, was du auch bewirken magst. Langsam werde ich leer, mein schweres Herz wird leicht und leichter. Einfach so verharren, den Augenblick in mich einfließen lassen. Nur du und ich, an diesem stillen Ort, den ich so liebe. Langsam wird mir bewusst, welches Glück ich gerade habe, was mir in dieser Osternacht geschenkt ist.
Wachen heißt warten, bis der Ostermorgen dämmert.
Wachen heißt, den Ostermorgen nicht zu verschlafen.
Wachen heißt warten, bis der Auferstandene einem begegnet.
Wachen heißt aufpassen, dass man seine Spur in der Finsternis nicht verliert.
Wachen heißt warten, bis das Halleluja in einem erklingt.
Wachen heißt, den Ostermorgen nicht zu verschlafen.
Wachen heißt warten, bis der Auferstandene einem begegnet.
Wachen heißt aufpassen, dass man seine Spur in der Finsternis nicht verliert.
Wachen heißt warten, bis das Halleluja in einem erklingt.
Ich stehe auf und hole mir eine Osterkerze, die am Eingang für den Gottesdienst um 5.30 aufgebaut sind. Ich stelle sie neben das Kreuz auf dem Altar und singe ein erstes Halleluja. Dann schlage ich das Benediktinische Antiphonale auf. Leider habe ich nur das Buch für die Vesper dabei, ich wusste am Vorabend ja nicht, dass ich besser das für die Vigil mitgenommen hätte. Es stört mich etwas, aber na, ja, lieber Gott, ich kann nur nehmen, was ich habe. Ich bin über mich selbst erstaunt. Mit voller Stimme singe ich um 3.00 die Ostervesper. Der ganze Kirchenraum ist erfüllt von meinem Gesang. Ich muss lächeln. Wenn draußen jemand vorbeigeht, wird er sich wundern, dass es aus der dunklen Kirche singt. Ich lasse mich aber nicht abhalten. Als ich geendet habe, höre ich der klingenden Stille zu. Mein Durst ist gestillt. Psalmsingen hat für mich eine heilende Wirkung, ich habe schon öfters davon berichtet. Ich fühle mich leicht wie ein Vogel.
Ich schaue auf die Uhr. 4.15. Bald ist Frühgottesdienst. Ich muss das Feld räumen. Ich singe noch ein paar Halleluja. Der Klang verteilt sich in den Raum, bereit die zu empfangen, die gleich kommen werden. Völlig aufgekratzt und euphorisch trete ich in den frühen Morgen hinein. Ein Gefühl, wie wenn man ein Kind geboren hat, und das Adrenalin im Blut einen nicht schlafen lässt. Der Mond steht am wolkenlosen Himmel und es sind ein paar Sterne zu sehen. Was für eine Osternacht!
Frohe Ostern!
